Neues zum Nachehelichen Unterhalt bei so genannten „Altehen“

Das Problem: Eheleute, die schon recht lange verheiratet waren, haben häufig die Erziehungszeiten Ihrer Kinder längst hinter sich gebracht. Meist sind sie Mitte 50 und es ist noch einen längeren Weg bis zur Rente zurück zu legen. Es handelt sich um sogenannte „Altehen“. Was geschieht nun, wenn sie ihre Ehe auf das „klassische Modell“ – Ehefrau sorgst sich um die Kinder und der Haushalt und Ehemann sorgt für den Geldverdienst der Familie  – eingerichtet haben?

Muss die nun unterhaltsberechtigte Ehefrau nach der Scheidung eine Arbeit aufnehmen, obwohl sie wahrscheinlich nie mehr in ihrem ursprünglichen Beruf arbeiten kann?

Wenn ja, fragt sich, wie intensiv müssen die Bemühungen denn ausfallen, um eine Vollzeitbeschäftigung auszuüben?

Kann daneben von Unterhaltsberechtigten verlangt werden, dass er einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht?

Zunächst setzt eine solche Verpflichtung zum eigenen Unterhaltserwerb voraus, dass der Unterhaltsberechtigte gesund ist. Ist  er das nicht, dann ist die eigene Verpflichtung selbst für den Unterhalt zu sorgen, schon ausgeschlossen.

Ist er gesund, muss er sich darum bemühen grundsätzlich eine vollschichtige Arbeit zu finden. Findet er keine Arbeit, dann muss er den Nachweis für seine Bemühungen führen. Das OLG Koblenz (23.06.2009) hat es kürzlich nicht für ausreichend gehalten, wenn der geschiedene Ehegatte 43 ernsthafte Bewerbungen nachweist. Dieser Rechtsprechung kann nicht beigetreten werden, da sie m.E. nach zu hart ausfällt. Klar ist aber auch, dass es immer eine Betrachtung des Einzelfalls ist. Und genau diese Einzelfallbetrachtung führt dazu zu überlegen, wie es denn mit den tatsächlichen Beschäftigungschancen bestellt ist!

Der BGH am 21.09.2011 – Az: XII 121/09  – entschied u.a. dazu:

„Die Anzahl der zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen kommt es vielmehr wie für das Bestehen einer realistischen Erwerbschance vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbiografie des Anspruchstellers an, die vom FamG aufgrund des – ggf. beweisbedürftigen – Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind (Fortführung der BGH, Urt. v. 30.7.2008 – XII ZR 126/06, FamRZ 2008, 2104; v. 27.1.1993 – XII ZR 206/91, FamRZ 1993, 789).“

Der unterhaltsberechtigte Ehegatte trägt also im Rahmen des Unterhaltsanspruchs wegen Erwerbslosigkeit die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er keine reale Chance auf eine Vollzeitarbeitsstelle hat, sondern auch dafür, dass dies in gleicher Weise für eine geringfügige Beschäftigung (sog. Mini-Job) und auch für eine Erwerbstätigkeit im Rahmen der Gleitzone nach § 20 Abs. 2 SGB IV (sog. Midi-Job) zutrifft.
Hintergrund zum Midi-Job: Die Regelung beruht des § 20 Abs. 2 SGB IV auf der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse. Beim Übergang vom beitragsfreien Arbeitsentgelt von 400,00 EUR monatlich auf ein höheres Arbeitsentgelt soll den Arbeitnehmer nicht übergangslos der Abzug des vollen Sozialversicherungsbeitrages treffen. Deshalb bewirkt die Berechnungsformel in der Gleitzone eine umso größere Entlastung von Beiträgen, je näher sich das Arbeitsentgelt der Grenze zur Beitragsfreiheit von 400,00 EUR monatlich nähert und eine umso geringere Beitragsentlastung, je mehr sich das Arbeitsentgelt dem Ende der Gleitzone von 800,00 EUR nähert. Am Ende der Gleitzone verbleiben bisher meist 600,00 EUR netto.  Ab einem Arbeitsentgelt von mehr als 800,00 EUR muss der Arbeitnehmer den regulären Beitrag aufbringen.

Fazit: Letzten Endes wird das häufig zu einer Verringerung des zu zahlenden Unterhalts, dem Aufstockungsunterhalt,  führen. In manchen Fällen werden die Gerichte auch zu dem Ergebnis kommen, dass der Nachehliche Unterhaltsanspruch zu befristen ist und damit in absehbarer Zeit ganz entfällt. Allerdings haben die Familiengerichte auch klar gestellt, dass die meist unterhaltsberchtigte Ehefrau darlegen und beweisen muss, dass sie gerade keinen Mini-Job findet! Das dürfte in der Regel bei einem gesunden Menschen nicht ganz einfach werden.

 

Ihr KA

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