Was war geschehen: Eine Mutter hatte für ihre fünfjährige Tochter auf einem Ponyhof in der Nähe von Oldenburg für einen Ausritt ein Pony gemietet. Dazu führe die Mutter ihre Tochter, die auf das Pony aufgestiegen war, in ein nahegelegenes Waldstück. Zwei andere Kinder ritten mit ihren Pferden voraus. Die vorausreitenden Kinder galoppierten an, worauf hin sich das Pony von der führenden Mutter des Kindes los riss und hinterher stürmte (Meine Anmerkung: Eine solche Reaktion ist für ein Pony in dieser Situation durchaus typisch!). Das Kind stürzte vom Pony und verletzte sich schwer. Es erlitt innere Verletzungen und musste noch im Krankenhaus einmal reanimiert werden. Die Mutter klagte vor dem Landgericht Oldenburg 10.000 Euro an Schmerzensgeld gegen den Betreiber des Ponyhof ein. Der Betreiber des Ponyhofs wehrte sich und lehnte dies ab. Die Mutter des Mädchens habe die Verantwortung für das Tier übernommen, als sie es vom Hof geführt habe. Ihn selbst treffe keine Schuld.
Das LG Oldenburg hatte dem Mädchen und seiner Mutter Recht gegeben und auf ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro erkannt. Der Betreiber des Ponyhofs hafte für die sogenannte Tiergefahr, die sich durch den Unfall verwirklicht habe. Der Beklagte legte Berufung ein. Er meinte, die Mutter treffe wenigstens ein hälftiges Mitverschulden, das sich das Mädchen anrechnen lassen müsse.
Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Senat wies darauf hin, dass der Halter eines Tieres grundsätzlich für den Schaden haftet, den das Tier verursacht, § 833 BGB. Nach § 834 BGB hafte aber auch derjenige, der die Aufsicht über ein Tier vertraglich übernommen habe – wie hier die Mutter des Kindes. Dies gelte jedoch nicht, wenn sich der sogenannte „Tieraufseher“ entlasten könne. Dies sei hier der Fall: Die Mutter habe zwar die Aufsichtspflicht über das Pony übernommen, als sie es vom Hof in das Waldstück geführt habe. Ihr habe auch die latente Gefahr klar sein müssen, die von dem Tier ausging. Sie habe aber beweisen können, dass ihr kein Mitverschulden anzulasten sei. Denn sie habe das Tier nach ihren Möglichkeiten beaufsichtigt. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass ein Pony, das zum Ausreiten vermietet werde, eine gewisse Routine bei Ausritten habe und im Gelände nicht nervös werde oder besonders gesichert werden müsse, zumal ihr das Tier auch nur mit einem einfachen Führstrick übergeben worden sei. Die Mutter habe keine Möglichkeit gehabt, das Tier zu stoppen oder ihre Tochter rechtzeitig vom Sattel zu heben. Sie treffe daher kein Mitverschulden, so dass der Betreiber des Ponyhofes für den Unfall voll hafte. Das vom Landgericht ausgeurteilte Schmerzensgeld von 10.000 Euro sei der Höhe nach angemessen.
So ist die Entscheidung des Urteil des OLG Oldenburg vom 26.11.2020, Az.: 8 U 7/20 in der Pressemitteilung Nr. 22/2021 des OLG Oldenburg vom 24.06.2021 zu lesen.
Abschließende Anmerkung: Meiner Ansicht nach war das Verhalten des Ponys nicht untypisch. Richtig ist allerdings, dass die Mutter keine Möglichkeit hatte, das losstürmende Pony aufzuhalten. Die Kräfte eines Ponys sind einfach viel zu groß. Oft ist der Geschehensablauf aber auch so schnell, dass es nicht gelingt, das Kind rechtzeitig vom Pony herunter zu nehmen bzw. aus dem Sattel zu hieven, um es so vor Schaden zu bewahren. Letzten Endes ist der Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg zuzustimmen.
Grundsätzlich kann man nicht genug vor dem Ausleihen fremder Pferde, also Pferde die man nicht kennt und nicht gewohnt ist, warnen. In der Regel gehen von solchen Situationen immer erhöhte Gefahren aus. Typisch sind übrigens auch die Unfälle bei Ferienaufenthalten, beispielsweise bei Ausritten in Spanien.