So viel zum angeblichen „doppelten Schlachtwert“ bei der Wertbestimmung eines Spitzendressurpferdes…
Erst neulich ging es in einer mündlichen Verhandlung in einem Streit um den Rücktritt von einem Pferdekaufvertrag heiß her. Der gegnerische Anwalt gab zum Besten, dass das (unten abgebildete!) Pferd ja allenfalls einen „doppelten Schlachtwert“ habe. So einfach ist es aber nicht! Wer ein Pferd in dem Wissen kauft, dass es nicht einfach zu reiten ist [allseits bekannter Spitzname des Dressurpferdes: „Chucky (die Mörderpuppe)„], kann nicht plötzlich vom Vertrag zurücktreten, weil es mit den eigenen Turnierzielen nicht so recht klappen will.
Das streitgegenständliche Pferd war für den Einsatz in Dressurprüfungen von überragender Qualität. Selbst sportlich relativ gut zu reiten und einem Kader anzugehören, reichte für ein erfolgreiches Turnierreiten nicht aus. Eine selbstkritische Einschätzung eigener sportlicher und reiterlicher Fähigkeiten hätte zumindest dazu geführt, dass das Pferd auch gerecht geritten worden wäre. Leider war das nicht der Fall. Das Pferd widersetzte sich zunehmend den Hilfen der Reiterin und stieg. Und wie so oft, sucht man die Fehler nicht gerne bei sich, sondern viel lieber bei anderen. Also beschlossen die Käufer,das Pferd zurückzugeben, den Kaufpreis und die Verwendungen von den Verkäufern zurückzuverlangen. Das geschah nach über einem Jahr der Nutzung des Pferdes. die Verkäufer weigerten sich und so kam es dann zum Prozess in 1. Instanz vor dem Landgericht. Im Laufe des Prozesses ließen die Käufer unter anderem vortragen, dass das Dressurpferd wegen der angeblich fehlenden Qualifikation und Eignung für den Dressursport, den sich die Kläger vorgestellt hatten, lediglich einen „doppelten Schlachtwert“ hätte. (Meine Anmerkung: Eine solche Wertangabe ist schon eine Widersprüchlichkeit in sich, denn entweder hat ein Pferd nur den Wert eines Schlachtpferdes, weil es sich um ein Pferd handelt oder es hat einen bestimmbaren Wert. Es ist schon erstaunlich, welche Stilblüten sich manche Kollegen einfallen lassen!)
Hinzu kam die Tatsache, dass sich ein Trainerwechsel ebenfalls nicht positiv für die Reitbarkeit des Pferdes auswirkte. Bei dem neuen Trainer hatte es sich auch noch um einen unmittelbaren „Mitbewerber“ einer meiner Mandanten gehandelt, der sich der sich in erster Instanz als Zeuge recht negativ/abfällig äußerte. Das Landgericht hatte dessen Aussage für dei Entscheidung erheblich gewichtet. Die erste Instanz führte mit einem recht unorthodoxen Urteil dazu, dass meine Mandanten unterlagen. Es galt also, in die zweite Instanz vor das Oberlandesgericht zu ziehen und für die Rechte meiner Mandanten zu kämpfen. Das war der einzige und der richtige Weg, auch wenn damit immer Risiken verbunden sind. Das Oberlandesgericht sah den Fall, wie aufgezeigt, eben völlig anders und zugunsten meiner Mandanten. Letzten Endes scheiterten die Käufer des Pferdes mit ihrer Klage. Und weil die Käufer bis dahin den vollen Kaufpreis noch nicht gezahlt hatten , wurden sie dazu auch noch verurteilt.
Insbesondere sind die die Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Unternehmereigenschaft des Verkäufers für die Praxis von Bedeutung:
Wenn ein Reitlehrer bzw. Bereiter ein Pferd verkauft, handelt er nicht zwingend als Unternehmer (sondern als Verbraucher)! Das sollten Sie im eigenen Fall immer beachten.
Mit den Worten des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M.:
„Die Veräußerung eines vom Verkäufer ausschließlich zu privaten Zwecken genutzten Pferdes ist regelmäßig nicht als Unternehmergeschäft zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 18.10.2017, VIII ZR 32/16, NJW 2018, 8. 150 (153)).“
„Ein unternehmerisches Tätigwerden setzt ein Handeln „in Ausübung“ der gewerblichen oder der selbständigen beruflichen Tätigkeit voraus. Ein solcher Zusammenhang besteht zwischen einer Tätigkeit als Reitlehrer und Pferdetrainer auf der einen Seite und dem Verkauf eines Dressurpferdes auf der anderen jedoch nicht ohne Weiteres, sondern ist allenfalls äußerlicher Natur (BGH, aaO).“
Für meine Mandanten als Verbraucher, sprach hier, dass sie das Pferd bisher ausschließlich selbst geritten sind, es schon über vier Jahre lang selbst hielten und gegenüber Dritten geäußert hatten, dass der Verkauf nur aus zwingenden privaten Gründen erfolgte. Das Pferd sollte in entsprechend gute Hände übergeben werden. Das entsprach der Intention der Verkäufer.
Mein Tipp für den Pferdekauf: Beachten Sie im eigenen Fall also immer, dass Sie als professioneller Reitlehrer/Bereiter nicht unbedingt ein Unternehmer im Gesetzessinne sein müssen. Die Einschätzung als Verbraucher ist für Sie als Verkäufer immer vorteilhaft.
Als privater Käufer müssen Sie in solchen Konstellationen vorsichtig sein, weil Sie nicht von den verbraucherschützenden Normen profitieren, wenn Ihr Gegenüber ebenso ein Verbraucher ist. Beispielsweise sind weitergehende Haftungsausschlüsse möglich.
Unterm Strich hat sich wieder einmal gezeigt: Wir nicht kämpft, hat schon verloren!
Ihr KA