Arbeitszeitkonto und „Minusstunden“ und was dahinter steht

Immer häufiger entsteht die Frage beim laufenden Arbeitsverhältnis und auch bei einem zu beendenden Arbeitsverhältnis, wie man mit den sogenannten Minusstunden aus dem Arbeitszeitkonto umgeht.

Die Regelung von Mehrarbeit wird in der Arbeitsrechtspraxis zunehmend im Rahmen von Arbeitszeitmodellen, die der Flexibilisierung der Arbeitszeit dienen, geregelt, zumeist durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung. Aber auch in Arbeitsverträgen können flexible Arbeitszeiten etwa durch Arbeitszeitkorridore, Gleitzeitregelungen, Arbeitszeitkonten mit der Festlegung von Ausgleichszeiträumen für Plus- und Minusstunden geregelt werden. Eine solche Regelung ist grundsätzliche Voraussetzung um überhaupt zum Arbeitszeitkonto zu gelangen. Der Arbeitgeber kann ein solches nicht einseitig durch Direktion bzw. Weisung einrichten!

1. Der Arbeitgeber ist nämlich nicht zur Verrechnung sog. Minusstunden berechtigt, die aufgrund einer Unterschreitung der vereinbarten Wochenarbeitszeit aus betrieblichen Gründen entstanden sind, wenn er mit dem Arbeitnehmer keine Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto mit der Möglichkeit eines negativen Kontostands getroffen hat (vgl-LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 15.11.2011 – 3 Sa 493/11).

2. Zudem darf der Arbeitgeber das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben des Arbeitnehmers nur dann mit Minusstunden verrechnen, wenn ihm der Arbeitsvertrag, die Betriebsvereinbarung oder der Tarifvertrag, der dem Arbeitszeitkonto zugrunde liegt, die Möglichkeit hierzu eröffnet. So urteilte das Bundesarbeitsgericht am 21.03.2012 – 5 AZR 676/11.

Im Rahmen flexibler Arbeitszeitgestaltung ist das Arbeitszeitkonto damit von großer Bedeutung. Mit dem Zeitkonto wird ein, von der in einem bestimmten Zeitabschnitt tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung abgekoppeltes Arbeitszeitvolumen erfasst. Die wesentlichen Unterschiede der verschiedenen Arbeitszeitkontomodelle betreffen die Kontoführung in Zeiteinheiten oder in Entgelt, die Festlegung des Ausgleichszeitraums sowie die Zwecksetzung des Arbeitszeitkontos. Bei kurzfristig auszugleichenden Arbeitszeitkonten bis zu Jahresarbeitszeitkonten steht regelmäßig die betrieblich-unternehmerische Flexibilisierung im Vordergrund, bei darüber hinausgehenden Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten dagegen die langfristige Freistellung des Arbeitnehmers.

3. Zu beachten ist dabei:

  • Ein negatives Guthaben auf einem Arbeitszeitkonto stellt einen Vergütungsvorschuss des Arbeitgebers dar. Diesen hat der Arbeitnehmer bei Ausscheiden auszugleichen, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden konnte, ob und in welchem Umfang das negative Zeitguthaben entstanden ist.
  • Im Streitfall muss der Arbeitnehmer entweder beweisen, dass das entstandene negative Zeitguthaben wegen der entsprechenden Weisungen des Arbeitgebers entstanden ist, oder dass er vor Ende des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitskraft vergeblich angeboten hat, um das negative Zeitguthaben auszugleichen (vgl. Hessisches LAG Urteil vom 10.02.2009 – 13 Sa 1162/08).

Nach erfolgter Kündigung des Arbeitsverhältnisses bleibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit eine Freistellung während der Dauer der Kündigungsfrist auszusprechen. Dann sollte der Arbeitnehmer, dessen Arbeistzeitkonto Minusstunden ausweist, ausdrücklich seine Arbeitsleistung anbieten, um so Rückforderungsansprüche oder Lohnverrechnungen zu vermeinden.

Allerdings ist im Einzelfall immer eine gesonderte Prüfung dringend ratsam. Deshalb fragen Sie mich, ich berate Sie gerne! Ihr KA

 

 

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