Das „Du“ am Arbeitsplatz ist heute oft nicht ungewöhnlich. Gerade in der IT-Branche ist das DU chic und in. Dort rührt das allerdings mehr von der englischen Sprache, die das SIEZEN nicht kennt. Aber auch schon seit jeher ist das beispielsweise in Handwerksbetrieben so üblich. Es ist also nicht etwas wirklich Neues oder Erschreckendes in der Gesellschaft. Mittlerweile hält das „DU“ nun auch Einzug Berufsbereiche, in denen überdurchschnittlich Geld verdient wird. Dort war es bisher selbstverständlich, dass man sich im Unternehmen gesiezt hat. Geduzt wurde man nur, wenn es von der Dame dem Herrn, von dem Älteren dem Jüngeren und von dem Vorgesetzten dem ihm unterstellten Mitarbeiter angeboten wurde. Unternehmenshierarchien mussten so beachtet werden. Aber auch bei ausländischen Konzernen wie bspw. IKEA ist es längst üblich, dass diese ihre in Deutschland tätigen Mitarbeiter duzen.
Darf man am Arbeitsplatz DUZEN oder muss man SIEZEN?
Einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf das Du oder Sie, gibt es so nicht. Das haben die Arbeitsgerichte längst entschieden. Rechtlich eingeordnet wird diese Problematik bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers, das auch innerhalb eines Arbeitsverhältnisses zu beachten ist.
Wie immer kommt es auf den Einzelfall an, ob GESIEZT oder GEDUZT werden darf. Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht können gerechtfertigt sein. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte in einem Fall eines Beschäftigten einer Modekette vor einiger Zeit entschieden, dass ein Arbeitnehmer in diesem Fall kein Recht hatte, gesiezt zu werden. Es stützte seine Begründung darauf, dass es in einem bestimmten Kreis absolut üblich sein könne, sich zu duzen. Wenn daher das Duzen in einem Betrieb absolut üblich sei und die Belegschaft dieses Verhalten verinnerlicht habe, könne auch das Duzen der Mitarbeiter untereinander zulässig sein.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht muss meines Erachtens von einem Arbeitgeber in den Vordergrund gestellt und so beachtet werden. Der Arbeitgeber muss diesem Recht besonders Rechnung tragen, wenn dessen Beachtung vom Arbeitnehmer verlangt wird. Dies gebietet auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer. Das Unternehmen kann u. U. verpflichtet sein, andere Arbeitnehmer anzuweisen, das Duzen eines Kollegen zu unterlassen, wenn dieser es nicht möchte.
Besonders schwierig wird es vor allem auch dann, wenn es um Personalentscheidungen im Betrieb geht. Das Du wird hierzulande immer noch mit zwischenmenschlicher Nähe verbunden. Diesen Unterschied macht die deutsche Sprache ganz bewusst. Einem Mitarbeiter, mit dem man per Du ist, eine Abmahnung oder gar eine Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Personalgespräch mitzuteilen, bereitet erhebliche Schwierigkeiten und ist keine einfache Aufgabe. Häufig wird schon die Hemmschwelle zum respektvollen Umgang mit dem Du leichter überschritten, als dies beim Sie der Fall ist.
Meiner Ansicht nach geht das Persönlichkeitsrecht sogar soweit, dass der Betroffene nach erfolgter Duzerei – auch wenn diese lange Zeit Gang und Gebe war – darauf bestehen darf, in Zukunft wieder Gesiezt zu werden. Dies muss dem Betroffenen möglich sein, um über die Sprache den seiner Ansicht nach notwendigen Abstand zu seinem Gegenüber wieder herstellen zu können.
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