Der Bundesgerichtshof versteht unter dem Wechselmodell nur eine solche Regelung, bei der ein Kind „in etwa gleich langen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt“ ( so der BGH in FamRZ 2014,917, Rn. 16).
Es gibt aber auch den Begriff eines asymmetrischen Wechselmodells, wenn beide Eltern einen substanziellen Anteil an der persönlichen Betreuung des Kindes in Alltag und Freizeit von mindestens 30 % tragen und das Kind bei beiden Eltern „zuhause“ ist
Überwiegend geschiedene Eltern beschäftigt laufend das Sorgerecht mit dem Wunsch das sogenannte Wechselmodell für ihr Kind/ Kinder durchsetzen zu können. Es trifft aber auch Alleinerziehende, die sich während der Entwicklung ihrer Kinder fragen, ob diese Form des Umgangs und der Sorge dem Kindeswohl besser entspricht.
Das Wechselmodell gibt es bspw. auch in Schweden schon seit 1976. Seit 1998 wurde dort obligatorisch die gemeinsame elterliche Sorge eingeführt. Wenn es dem Kindeswohl dient, können die Bürger in Schweden das Wechselmodell auch gegen den Willen des anderen Elternteils durchsetzen. Das Gericht kann dort sogar im Rahmen des Umgangsrechts das Wechselmodell gegen die elterliche Sorge des sich dagegen widersetzenden Elternteils durchsetzen. Alles unter der Voraussetzung, dass das Wechselmodell dem Kindeswohl entspricht. Aber auch in weiteren Ländern wie Belgien, Frankreich, Norwegen, USA, Kanada oder Australien ist das Wechselmodell, auch Doppelresidenzmodell oder Paritätsmodell genannt, Gesetz.
In Deutschland ist das aber ein echtes Dilemma: Die Rechtsprechung ist nach meinem Eindruck leider noch weit von der praktischen und damit zeitgemäßen Durchsetzung des Wechselmodells zum Wohle der Familien entfernt. Das zeigt exemplarisch die aktuelle Entscheidung des OLG Brandenburg aus Februar 2016:
Hier ein aktueller Leitsatz aus der Entscheidung des Oberlandesgerichtes:
„Ein sogenanntes Wechselmodell mit annähernd gleichen Betreuungsanteilen beider Eltern kann jedenfalls dann nicht gerichtlich angeordnet werden, wenn es keinen entsprechenden elterlichen Konsens gibt….“
Aus den Gründen:
„…Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein sogenanntes Wechselmodell mit annähernd gleichen Betreuungsanteilen beider Eltern jedenfalls dann nicht gerichtlich angeordnet werden kann, wenn es keinen entsprechenden elterlichen Konsens gibt (vgl. Senat, FamRZ 2009, 1759; FamRZ 2003, 1949; OLG Brandenburg, 5. Familiensenat, FamFR 2013, 574; OLG Naumburg, FamRZ 2015, 764; ), da § 1684 BGB dafür keine Grundlage bietet (OLG Stuttgart, FamRZ 2007, 1266; OLG Koblenz, FamRZ 2010, 738). Dies gilt sowohl für die Regelung der elterlichen Sorge (OLG Koblenz a. a. O., OLG Brandenburg, 3. Familiensenat, FamRZ 2012, 1886) als auch für das Umgangsrecht (OLG Koblenz a. a. O.; OLG München, FamRZ 2013, 1822). Der rechtlichen Ausgestaltung des Umgangsrechts liegt das Leitbild des Residenzmodells zu Grunde, wonach sich das Kind die überwiegende Zeit bei dem betreuenden Elternteil aufhält und die Umgangszeiten des anderen Elternteils hinter dieser Betreuungszeit zurückbleiben. Diesem Leitbild entsprechen auch die an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes beim betreuenden Elternteil anknüpfenden rechtlichen Regelungen über die unterschiedlichen Entscheidungskompetenzen des betreuenden und des umgangsberechtigten Elternteils in §§ 1687 f. BGB, über das Vertretungsrecht in § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB und über die Art der Unterhaltsgewährung in § 1606 Abs. 3 BGB. Somit kollidiert das Umgangsrecht mit der elterlichen Befugnis, den Aufenthalt zu bestimmen. Es beschränkt diese Befugnis, kann aber nicht an deren Stelle treten. Das Umgangsrecht findet deshalb seine Grenze, wo seine Ausübung zur Veränderung des Lebensmittelpunktes des Kindes abweichend von der Bestimmung des bzw. der Sorgeberechtigten führen würde. Das Recht zur Entscheidung, wo sich das Kind gewöhnlich aufhält, ist kein Ausfluss des Umgangsrechts, sondern ein Teil des elterlichen Sorgerechts (OLG Brandenburg, 3. Familiensenat, FamRZ 2012, 1886). Es kann aber letztlich dahinstehen, ob ein Wechselmodell eher in einem Umgangs- oder eher in einem Sorgerechtsverfahren angeordnet werden kann….“ (zitiert aus Openjur.de – OLG Brandenburg Beschluss vom 15. Februar 2016 · Az. 10 UF 213/14).
Die Deutschen Familiengerichte setzen immer als erste Voraussetzung für das Wechselmodell auf die Einigung – Konsens – der Eltern auf der sogenannten Elternebene. Freilich ist es notwendig eine tragfähige Elternebene zu schaffen. Es fragt sich aber wie ein Elternteil im Streitfall das Problem überhaupt lösen kann. Gerichte werden nun mal im Streitfall in Anspruch genommen. Wenn der Konsens der Eltern die notwendige Voraussetzung für das Wechselmodell ist, dann muss doch auch der „blockierte“ Elternteil die Möglichkeit haben, den anderen „blockierenden“ Elternteil dazu zu bringen an der Elternebene mitzuarbeiten. Und wenn dieser eben nicht will, muss das aus meiner Sicht mit der Hilfe der Familiengerichte durchsetzbar sein. Oft ist ja schon die gesetzliche Möglichkeit – Zwang und Anspruch – ein Hilfe für den Bürger Rechte durchzusetzen. Das ist natürlich auch Sache des Gesetzgebers und nicht nur die der Familiengerichte. Aber die Gerichte können dazu immer einen Anfang machen!
Dem Bürger müsste eine Anspruchsgrundlage zur Durchsetzungsmöglichkeit des Wechselmodells an die Hand gegeben werden. Hier ist m.E. letztlich der Gesetzgeber gefordert!
Mich würden die Meinungen von betroffenen Eltern sehr interessieren und daher freue ich mich auf entsprechende Rückmeldungen! Falls Sie Hilfe zu dem Thema benötigen, stehe ich Ihnen gerne als Anwalt zur Seite!
Ihr KA