Nageltritt – eine Gefahr auf dem Abreiteplatz
Gerade jetzt wird dieser Artikel besonders aktuell, da Saison der Reitturniere in Deutschland in vollem Gange ist.
Es ist der Alptraum eines jeden Turnierreiters – das Pferd verletzt sich am Wettbewerbstag durch einen Nageltritt auf dem Abreiteplatz oder Turnierplatz. Genau das passierte einer meiner Mandantin.
Ihr Pferd ist auf dem Abreiteplatz vor der Springprüfung in einen etwa 4 cm langen Nagel getreten. Der Huf des Pferdes war dabei schwer verletzt worden. Die Schmerzen, die das Pferd erlitt, mag man sich gar nicht vorstellen. Es handelte sich dabei um einen solchen Nagel, wie er sich am Ende einer jeden Hindernisstange befindet, um die Plastikkappe der Stange zu befestigen. Dieser Nagel hatte sich auf dem Abreiteplatz befunden. Beim Abreiseplatz hat es sich um einen Sandplatz gehandelt. der Unfall wurde sofort dem Veranstalter gemeldet. Ein Tierarzt war nicht vor Ort. Der Vater meiner Mandantin entschloss sich den Nagel zu entfernen und hat damit in dieser bestimmten Situation aus hier medizinischer Sicht mit Glück auch noch das Richtige unternommen. Das Pferd wurde dann sofort zum Haustierarzt der Mandantin verbracht. Dieser riet dann dazu, dass Pferd in der Universitätsklinik Hannover weiter behandeln zu lassen. Es folgte eine, zum Glück erfolgreiche, sehr aufwändige tierärztliche Versorgung und Behandlung. Das Pferd musste fiel Monate lang aus und konnte als Sportpferd für ein Jahr nicht mehr eingesetzt werden.
Das ist nicht nur ein persönliches und sehr unschönes Schicksal für Reiter und Pferd, sondern auch ein wirtschaftliches Problem bei dem sich die Frage stellt, wer die Kosten tragen muss?
Ist es das eigene Risiko des Reiters, sich auf ein Reitturnier zu begeben und dort einen Schaden zu erleiden oder trägt in diesem Fall auch der Veranstalter-meist ein Reiterverein – die Verantwortung?
Für derartige Unfälle müssen Reitervereine auch versichert sein. das ist in der Regel auch der Fall. Der austragende Reitverein beteuerte, alle Reitplätze vor dem Turniertag kontrolliert zu haben und lehnte die Verantwortung für diesen Unfall und damit die Haftung ab. Damit begnügte sich aber die Mandantin nicht. Ihr Rechtsgefühl sagt ihr schon, dass das so einfach nicht geht. Ist es also wirklich einfach das Pech des Reiters, wenn ein Unfall passiert und sein Pferd sich verletzt? Muss er allein das Risiko und damit die Kosten tragen? Die Reiterin klagte gegen den Reiterverein vor dem Landgericht Hildesheim und bekam Recht: Im Urteil folgte im Detail die Klarstellung des Gerichts zu den Pflichten eines Turnierveranstalters:
- Schon im Vorfeld des eigentlichen Wettbewerbs – also vom Parkplatz bis zum Abreiteplatz – muss der Veranstalter die Teilnehmer vor allen Gefahren schützen, mit denen sie nicht rechnen brauchen. Dazu gehören insbesondere Nägel auf Wegen und Reitplätzen.
- Zwar muss der Veranstalter nicht jede denkbare Gefahr abwenden, jedoch ist er verpflichte, die Vorkehrungen zu treffen, die ein verständiger und gewissenhafter Veranstalter für nötig hält, um Risiken zu minimieren.
- Der Veranstalter muss Hindernisstangen nicht nur darauf kontrollieren, ob die Stangen an sich in Ordnung sind, sondern auch prüfen, ob Teilstücke der Stange fehlen (Sichtkontrolle).
- Wenn bei der Sichtkontrolle auffällt, dass ein Teilstück der Stange fehlt, zum Beispiel ein Nagel, muss das Umfeld der Stange genau kontrolliert werden. Das erfolgt durch Abgehen des Weges und gegebenenfalls auch in der Tiefe, durch Aufharken des Platzes.
Was die Kontrolle des Arbeitsplatzes anging, so fiel auf, dass auch alte morsche Stangen sich im Umfeld des Abreiseplatz befanden und teilweise solche abgenutzten Stangen für den Abreiseplatz bzw. den dort aufgestellten Übungshindernissen verwendet worden waren. Da mag es nicht wundern, dass aus solchen Stangen sich auch die Nägel der Kunststoffkappen lösen und auf dem Abreiseplatz verbleiben.
In diesem Fall hatte der Veranstalter die Kontrolle nicht ausreichend durchgeführt und musste der Reiterin daher die Tierarztkosten ersetzen. wie man sich unschwer vorstellen kann, waren das schon ein paar Tausend EUR. Nicht zu ersetzen ist allerdings der Nutzungsausfall während der Genesung des Pferdes.
Im Fall eines solchen Unfalls ist es außerdem wichtig, zu dokumentieren, dass der Vorfall tatsächlich auf dem Turniergelände stattgefunden hat. Es ist also sofort der Veranstalter zu informieren und wenn möglich auch ein Tierarzt vor Ort.
Hier hatte die Reiterin den Veranstalter sofort informiert, auch wenn ein Tierarzt nicht vor Ort war. Man kann nur Veranstalter von Reitturnieren dringend dazu raten, dafür Sorge zu tragen, dass ein Tierarzt schnell erreichbar ist.
Für alle Turnierreiter gilt also in erster Linie:
vorausschauend reiten, um vermeidbare Unfälle zu verhindern.
Sollte es doch dazu kommen, muss alles so gut wie möglich dokumentiert werden. Dazu gehört in erster Linie die unverzügliche Anzeige beim Veranstalter, die zeitnahe Untersuchung durch einen Tierarzt und die Dokumentation durch Fotos.
Für alle Veranstalter gilt, dass die Verkehrssicherungspflichten deutlich weiter gehen, als man es landläufig vielleicht vermuten würde. Insbesondere die Reitplätze müssen intensiv vorbereitet und kontrolliert werden.
Da mit dem Sachwert der Pferde und der Gesundheit von Mensch und Tier hohe Rechtsgüter betroffen sind, sind an den Veranstalter auch entsprechend hohe Anforderungen zu stellen. Um Streit vorzubeugen, hilft es außerdem auch hier, die Arbeiten zu dokumentieren.
Sicherlich ist das eine Entscheidung, die die Verantwortung des Turnierveranstalters deutlich vor Augen führt. Deshalb folgt mein Tipp für Veranstalter im Hinblick auf die Platzpflege wie folgt:
Namen desjenigen, der den (Abreite-)Platz vorbereitet und kontrolliert hat, sowie die jeweiligen Zeiten mit den Tagen schriftlich festhalten und ließ sich dies am besten von einer weiteren Person des Veranstalters schriftlich bestätigen zu lassen. Nicht, was für den Vorbereitungsplatz gilt, gilt auch für den Veranstaltungs-bzw. Turnierplatz. Dieser gesteigerten Verantwortung muss ein Turnier Veranstalter heutzutage gerecht werden. Nicht anders ist die Entscheidung des Landgerichts Hildesheim zu verstehen.
Klingt kompliziert, macht aber Sinn!
Hier hat es sich wieder mal gezeigt: Wer nicht kämpft hat schon verloren! Ihr KA