Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – ein Tabuthema?!

Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz sind nicht selten. Selten aber wehren sich Betroffene dagegen. Es stellen sich dann häufig die Probleme: wie kann die sexuelle Belästigung nachgewiesen werden, welche Rolle spielt der Zeitablauf nach der Belästigung und welche Konsquenzen ergeben sich hieraus? Welchen gesetzlichen Schutz gibt es für den betroffenen Arbeitnehmer?

Gegen sexuelle Belästigung sind Arbeitnehmer am Arbeitsplatz durch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) geschützt. Das AGG definiert die sexuelle Belästigung ganz konkret in § 3 Abs. 4 AGG wie folgt:

  • „Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs.1 Nr.1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.“

An Hand der gesetzlichen Definition wird deutlich, dass einerseits klar gestellt ist, welche Handlungen damit gemeint sind. Andererseits ist es jedoch in der Praxis schwieriger die Grenzen zwischen der sexuellen Belästigung und einem „lockeren Ton und Umgang am Arbeitsplatz“ oder/und einem „Necken“ zu ziehen.  An bestimmten Arbeitplätzen wird häufig die Auffassung vertreten, dass bestimmte Handlungen und Äußerungen hingenommen werden müssen, da  sich der bertoffene Arbeitnehmer selbst daran beteiligt  oder das in der Vergangenheit hingenommen hat ohne sich dagegen zu wehren. Das Argument der selbst verantwortlichen Handung wird dazu oft herangezogen und ist mir aus der laufenden Praxis wohl bekannt!

Instruktiv dazu ist die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 09.06.2011 Az. 2 AZR 323/10. Dort führt das Gericht im 2. Orientierungssatz aus:

„Eine sexuelle Belästigung iSv. § 3 Abs. 4 AGG liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Für das “Bewirken” genügt der bloße Eintritt der Belästigung. Vorsätzliches Verhalten der für dieses Ergebnis objektiv verantwortlichen Person ist nicht erforderlich.“

Auch da gibt es in der anwaltlichen Praxis immer zwei Sichten:

  1. Die eine Sicht ist die des  belästigten Arbeitnehmers und die hieraus resultierenden Rechte, wie Schmerzensgeld, Schadensersatz, Unterlassungs- und Strafverfolgungsansprüche etc. Im Fall einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz sind die betroffenen Beschäftigten nach dem AGG (§ 14) berechtigt, ihr Leistungsverweigerungsrecht dahingehend geltend zu machen, dass sie ihre Tätigkeit ohne ­Verlust des Arbeitsentgeltes einstellen dürfen soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist. Nicht selten gehen dann auch schwere Ängste am Arbeitsplatz und in Folge dessen Depressionen, die selbst zum Verlust des Arbeitsplatze führen können, einher.
  2. Die andere Sicht ist die des angeblich Handelnden, der die sexuelle Belästigung ausgeführt haben soll und dem das zum Vorwurf gemacht wird. In erster Linie betrifft das dann meist ganz konkret den Bestand des Arbeitsplatzes. Steht eine Kündigung ins Haus oder wurde diese schon ausgesprochen? Eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann eben nach den Umständen des Einzelfalls auch ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung, u. U. auch eine außerordentliche Kündigung, rechtfertigen.  Dabei kommt es im Hinblick auf die Entscheidung der Rechtsfrage, ob eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz von ihrem Gewicht her eine Kündigung rechtfertigt oder nicht, nicht allein auf die Beurteilung des Verhaltens des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin durch die hiervon Betroffenen an. Entscheidend ist auch, ob das Vertrauensverhältnis, das zwischen den Parteien des Arbeitsvertrags auch hinsichtlich der moralischen Integrität des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin bestehen muss, durch ein solches Verhalten erschüttert wird. Aber auch die oben genannnten  Ansprüche der angeblich beteroffenen Arbeitnehmer gilt es für den angeschuldigten Arbeitnehmer oft  abzuwehren und eine Strafverteidigung kann auch notwendig werden.

Diese Ausführungen bilden nur einen kleinen Ausschnitt und sollen so zumindest einen Eindruck zum Umfang der sich dem Thema „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ vermitteln.

Für Betroffene gilt jedenfalls nicht all zu lange abzuwarten und „die Sache auszusitzen“, sondern sich umgehend anwaltlichen Rat zu holen!

Und wieder gilt: Wer nicht kämpft hat schon verloren!

Ihr KA

 

 

 

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