Freistellung und kein Ende – muss der Arbeitgeber auch bei Erkrankung der Kinder freistellen?

In Zeiten einer veränderten Arbeitswelt, kommen überwiegend immer mehr Arbeitnehmerinnen in Schwierigkeiten, wenn ihre Kinder erkranken. Viele Frauen trauen sich dann nicht ihrem Chef Bescheid zu sagen, dass sie nicht zur Arbeit kommen können, da sie sich um ihre erkrankten Kinder kümmern müssen. Hält man sich nur den aktuellen Infektionsfall zu den tiefgefrorenen Erdbeeren im Osten der Republik vor Augen, wird deutlich wie wichtig es ist, sich hier etwas auszukennen. Zudem steht die Winterzeit mit häufigen Kindererkrankungen vor der Türe!

Wie gestaltet sich also die aktuelle Rechtslage? Muss der Arbeitgeber freistellen? Muss die Vergütung weiter bezahlt werden?

Grundsätzlich gilt ja, dass ein Arbeitnehmer sich  nicht selbst freistellen kann. Kein Grundsatz ohne Ausnahme: Nach § 45 SGB III hat aber jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung, soweit das Kind unter 12 Jahren alt ist. Eine andere Frage ist, ob das Arbeitsentgelt wie im Krankheitsfall als Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber zu leisten?

Nach § 616 BGB muss der Arbeitgeber die Vergütung fortzahlen, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit aus persönlichem Grund ausfällt. Hierunter fällt auch die notwendige Betreuung erkrankter Kinder. Wie lange bzw. wie intensiv ist die notwendige Betreuung des Kindes? Also, wie erheblich ist der damit verbundene Ausfall?  Was „erheblich“ ist, wird im Einzelfall entschieden. Es gibt Stimmen, die da sagen, dass ein Ausfall erst ab 10 Tagen  i. S. d. § 616 BGB aufwärts erheblich ist. Ich halte das für nicht angezeigt, da für viele häufig schon der Ausfall einer Woche geldlich schmerzhaft und daher schon ab dem 8ten Tag die Entgeltfortzahlung greifen sollte.

Was ist die „Normaldauer“ der Freistellung bei erkranktem Kind?

Als Faustregel gilt, dass ein Arbeitnehmer für ein im Haushalt lebendes erheblich erkranktes Kind mit einem Alter von unter 8 Jahren für einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen persönlich verhindert im Sinne des § 616 BGB sein kann.

Das bleibt aber im Streitfall immer eine Entscheidung der Arbeitsgerichte!

Aber auch  in Tarifverträgen und Arbeitsverträgen finden sich Sonderregelungen für diese Situation zur Freistellung und Fortzahlung der Vergütung. Es können insbesondere bestimmte Höchstgrenzen an Tagen geregelt sein, für die der Arbeitgeber die Vergütung fortzahlen muss. Diese Regelungen gehen dann der gesetzlichen Regelung des § 616 BGB vor. Andererseits kann der Vergütungsanspruch gem. § 616 BGB auch im Arbeitsvertrag ganz ausgeschlossen werden. Leider ist es letztlich immer eine Einzelfallentscheidung, was einer genauen Prüfung jeden Falles bedarf.

Zum Krankengeld: Gesetzlich Krankenversicherte haben nach § 45 SGB V Anspruch auf Krankengeldzahlung für maximal 10 Tage für jedes erkrankte, pflegebedürftige Kind unter 12 Jahren. Für Alleinerziehende verdoppelt sich der Anspruch auf 20 Tage jährlich. Soweit der Arbeitnehmer (z.B. nach § 616 BGB) Vergütung fortbezahlt bekommt, besteht jedoch nur ein Freistellungsanspruch.

So ist vorzugehen: Genauso, wie bei der eigene Erkrankung  (§ 5 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz) muss der Arbeitnehmer auch im Fall der Betreuung erkrankter Kinder  dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen, dass die Erkrankung des Kindes vorliegt und wie lange er aufgrund dessen voraussichtlich ausfallen wird. Diese Meldung ist für den Arbeitgeber deshalb wichtig, da er seine Planung danach ausrichten können muss. Insofern hat er auch einen Anspruch auf die unverzügliche Meldung. Er kann vom Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung verlangen. Das ist zur eigenen Absicherung auch ratsam.

Denken Sie daran: Verstöße gegen diese Anzeige- und Nachweispflicht berechtigten den Arbeitgeber zur Abmahnung.  Wird ein solcher Verstoß wiederholt, kann er sogar die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit sich ziehen.

Haben Sie noch Fragen? Schreiben Sie mir!

 

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